"Pfarrgemeinderat muss entscheiden können"
Der Pfarrgemeinderat (PGR) muss anstelle einer bloß beratenden Funktion eine Entscheidungsfunktion bekommen. Das fordert der Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Ferdinand Kaineder, im Blick auf die bevorstehenden Pfarrgemeinderatswahlen in ganz Österreich am 20. März. Derzeit ist ein Pfarrer nicht an die Beschlüsse des Pfarrgemeinderates gebunden (Vetorecht). Es sei höchst an der Zeit, dass der Pfarrer „in die ‚Entscheidungsgemeinschaft‘ hineingenommen wird“, unterstreicht Kaineder in einem Interview in der neuesten Ausgabe des Magazins „Ypsilon“ der Katholischen Männerbewegung Österreich (KMBÖ). Für Pfarrgemeinderäte – Jugend, Frauen, Männer – sei das Gestalten des Pfarrlebens spannend, „wenn sie wirklich in die Verantwortung gehen können, oftmals ohnehin müssen“.
Das Amt des Pfarrers sei „gebunden an den Dienst der Einheit mit dem Bischof und seiner Gemeinde, die im PGR ihre Entscheidungen trifft“. In der Praxis werde in vielen Fällen von Pfarrer und PGR gemeinsam entschieden. „Das ist keine Notlösung, sondern eine Dauerlösung“, so der KAÖ-Präsident. Die „Wirkmacht liegt bei den Getauften“, und „autokratisch klerikale Männer mag selbst der Papst nicht“.
In dieselbe Richtung zielt laut Kaineder der synodale Prozess, zum dem Papst Franziskus alle Katholikinnen und Katholiken eingeladen hat. Die Katholische Aktion und alle ihr Gliederungen beteiligen sich aktiv an diesen Reformbestrebungen. „Es braucht mutige Schritte, damit dieser Prozess auf Augenhöhe geführt wird und nicht zu einer Hinhaltetaktik oder gar zu einem Verzögerungsinstrument für Reformen wird“, so Kaineder. Trotz der mehrfachen Erfahrung in den letzten Jahrzehnten, dass Reformanliegen nicht gehört werden, sehen viele eine Chance. „Beispielsweise kommt heute das Frauenthema aus dem Vatikan selbst. Aus meiner Sicht wird es ganz wesentlich sein, dass das Kirchenrecht an die Erfordernisse einer selbstverständlichen Geschlechtergerechtigkeit angepasst wird.“
Die KAÖ wird bis zum April Dossiers zu fünf Themenfeldern erarbeiten: Ökologie und Mitweltgerechtigkeit; Arbeit und soziale Fairness; Geschlechtergerechtigkeit und Leitungskultur; Partizipation und Mitsprache; der Weg zum Frieden. „Wir wollen in diesem Prozess eine ungeschminkte Wahrnehmung der gesellschaftlichen wir kirchlichen Wirklichkeiten erreichen, den kritischen Blick von außen und jenseits kirchlicher Milieus einbeziehen und Fremdes als Bereicherung sehen“, hält der KAÖ-Präsident fest. Auch auf Diözesanebene seien dazu viele Initiativen im Gange. „Grundsätzlich müssen wir es schaffen, nicht mehr in Hierarchien zu denken, sondern in Netzen und Kooperationen. Der kooperativ-partizipative synodale Weg hat erst begonnen.“
Schwerpunktthema der neuen Ausgabe des „Y“ ist die Begeisterung im und am Glauben. Der Wortlaut des Interviews ist hier nachzulesen.
(eo/25.1.2022)