Hohe Diversitätskompetenz macht Schulen erfolgreich
Die heurige Herbsttagung des Katholischen Akademiker:innenverbands Österreichs am 28. November 2025 in Wien nahm die Schule in ihren Fokus. „Die liberale Demokratie, die heute von autoritären Bewegungen in aller Offenheit bekämpft wird, ist ein kompliziertes Gebilde, dessen Grundelemente, vor allem die Menschenrechte, Gewaltenteilung und die Volkssouveränität, von neuzeitlichen Philosophien im 17. und 18. Jahrhundert Schritt für Schritt erarbeitet worden ist“, mahnt Hans Schelkshorn, KAVÖ-Präsident, zur Eröffnung und führt fort: „Aus diesem Grund erfordert die Verteidigung der liberalen Demokratie eine Intensivierung politischer Bildung, einerseits in der Schule, andererseits aber auch unter den Erwachsenen.“
Zum Thema „Bildung im Spannungsfeld von Migration und Demokratie“ lieferten Schüler:innen die ersten Diskussionsbeiträge. Eine Schulklasse des „tgm – Die Schule der Technik“ (Wien) präsentierte ihre Gedanken in Form eines Films und Schüler:innen des katholischen Gymnasiums Wolfgarten (Eisenstadt) stellten Ergebnisse einer umfassenden Umfrage an ihrer Schule vor. Das Ergebnis ist eindeutig: Schüler:innen des Gymnasiums erleben die Vielfalt vor allem positiv. Einzig Sprachbarrieren von Kindern mit Migrationsgeschichte werden als Problem wahrgenommen. Ein Grund für dieses konstruktive Miteinander dürfte, so die Schüler:innen, das monatlich stattfindende Schüler:innen-Parlament der Schule sein. Die Jugendlichen können ihre Sorgen und Anliegen einbringen und untereinander diskutieren. Die Leitung des Parlaments liegt ganz in der Verantwortung der Schüler:innen, die Direktorin ist nur hörend anwesend. Diese besondere Art der wertschätzenden demokratischen Praxis zeigt, dass Schule sehr konkret politische Bildung nicht nur in der Theorie umsetzen kann.
Am Foto (v.l.n.r.): Hans Schelkshorn (KAVÖ-Präsident), Felix Stadler (Landtagsabgeordneter, Die Grünen), Doris Wagner (Ministerium für Bildung), Benno Hofstetter (Schulsprecher Gymnasium Wolfgarten), Monika Slouk (Moderatorin), Zekirija Sejdini (Prof. für Islam in der Gegenwartsgesellschaft, Universität Wien) © KAVÖ / P. Slouk
Unternehmen zeigen vor, wie es gehen kann
In ihrer Keynote mit dem Titel „Die Mutter aller Probleme? Wie Migrationspanik die autoritäre Wende befeuert“ führte die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger aus, wie das Thema Migration zum Kristallisationspunkt des politischen Diskurses geworden ist. Die multiplen Krisen der vergangenen Jahre geben vielen Menschen ein Gefühl des Kontrollverlustes, weswegen unterschiedlichste Probleme auf das Thema Migration hin kanalisiert werden. Während die Asylzahlen in Österreich so niedrig sind wie seit zehn Jahren nicht mehr, wird die Debatte darüber weiterhin angeheizt. Es gehe in Wirklichkeit, so Kohlenberger, um Fragen der Integration, der Zugehörigkeit und einer wahrgenommenen „Überfremdung“. Dabei könnte die seit 1945 zunehmende Diversität der österreichischen Bevölkerung ein Erfolgsfaktor für die Gesellschaft werden, wenn richtig mit ihr umgegangen würde. Kohlenberger verweist auf die vielen Unternehmen, die Diversität in ihren Betrieben durch eigens dafür spezialisierte Manager:innen als Stärke begreifen würden. „Wenn wir die Diversitätskompetenz in unserer Gesellschaft stärken, wird Integration besser gelingen“, ist die Migrationsforscherin überzeugt.
Sprachbarrieren als Hürde im Bildungsprozess
In zwei Expert:innen-Runden diskutierten die Schüler:innen Elena-Kristin Szücz und Günther Beckenberger und ihr Schulsprecher Benno Hofstetter, mit den Schuldirektor:innen Andreas Berger-Gruber und Christian Klar, der islamische Religionspädagoge Zekirija Sejdini, Doris Wagner aus dem Bildungsministerium und Gemeinderat Felix Stadler, der selbst Mittelschullehrer ist, über die konkreten Herausforderungen im Bildungsprozess. Bei aller unterschiedlicher Perspektive, etwa mit dem Problem höherer Rollenfixierung in stark muslimisch geprägten Klassen, zeigte sich in allen Berichten mangelhafte Sprachkenntnisse als größte Hürde für Integration und schulischen Erfolg. Dem gegenüber steht die Erfahrung, dass mit Unterstützung von Mitschüler:innen und Lehrer:innen Integrations- und Emanzipationserfolge erzielt werden können.
Demokratische Prozesse müssen schon in der Schule gelebt werden
Für die demokratische Bildung haben die Diskutanten:innen der Tagung auch eine eindeutige Botschaft: Politische Bildung darf sich nicht im theoretischen Unterricht über Staatsformen und Gewaltentrennung erschöpfen. Demokratie muss von klein auf erlebt, erlernt und eingeübt werden. In Schüler:innen-Parlamenten und Klassenforen, in der Schüler:innenvertretung und bei Partizipationsprozessen in der Schule kann Demokratie konkret praktiziert werden, von der ersten Klasse der Grundschule bis zur Matura. Gesellschaftlich dürfe aber nicht übersehen werden, dass an die 30% der Schüler:innen abseits der Schule Teilhabe an politischen Entscheidungen verwehrt blieben. Wer keine österreichische Staatsbürgerschaft hat, ist – abgesehen von EU-Bürger:innen auf Kommunalebene – vom allgemeinen Wahlrecht ausgeschlossen. „Viele von uns werden nicht gehört“, betonten die Schüler:innen.
Hans Schelkshorn nahm diesen Aufruf als Aufforderung an die Katholische Aktion, an den Akademiker:innenverband und an die Vorbereitung für die nächstjährige Jahrestagung mit. Man darf schon heute auf die Diskussion am 27. November 2026 gespannt sein.
In der Reihe Vielfalt hat Zukunft widmet sich der KAVÖ seit Jahren brennenden Fragen der Gegenwart und Zukunft.
Videos: Playlist Fokus: Schule
Fotos: Fokus: Schule. Bildung im Spannungsfeld von Migration und Demokratie (28.11.2025, Kardinal König Haus in Wien) – KAVÖ
Kooperationspartner:innen: Katholische Aktion Österreich (KAÖ), Forum Katholischer Akademiker:innen Österreichs, TGM – Die Schule der Technik.
Gefördert von der Kulturabteilung der Stadt Wien, Wissenschafts- und Forschungsförderung und vom Zukunftsfonds der Republik Österreich.
Medienpartnerinnen: Quart
Umweltfreundliche Veranstaltung ÖkoEventPLUS.
Hohe Diversitätskompetenz macht Gesellschaften krisenfest und Schulen erfolgreich – KAVÖ
Siehe: Das KAÖ-Dossier Demokratie leben und gestalten
(ps/1.12.2025)

