Kompetenz, über Gefühle zu reden, muss besser werden
Am 25. November 2025 lud die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) wieder zum Gespräch im KA-Salon ein. Im Mittelpunkt standen diesmal Fragen rund um „mental health“ mit einem Fokus auf Jugendliche. KAÖ-Präsident Ferdinand Kaineder sprach mit der Psychologin und Kinderschutz-Expertin Caroline Culen und mit dem Journalisten und Autor Golli Marboe, die miteinander das Buch „Jugend Druck - Wie Mental Health gefördert und gestärkt werden kann“ publizierten.
Marboe, der sich seit dem Suizid seines erwachsenen Sohnes intensiv mit der Problematik befasste, gründete die Initiative „Mental Health Days“. Diese „Tage des seelischen Wohlbefindens“ werden in Schulen durchgeführt und bieten das Erleben von Krisenbewältigungs-Strategien sowie Informationen über Hilfsangebote in belastenden Lebenssituationen. Nach unzähligen Projekttagen in allen Regionen und Schultypen der Sekundarstufen 1 und 2 weiß Marboe, dass es hinsichtlich der seelischen Belastungssituationen von Jugendlichen keine Unterschiede zwischen städtischem und ländlichem Umfeld gibt. „Mobbing, Leistungsdruck, Handysucht und Ängste – das nennen Jugendliche in allen Schultypen in allen Bundesländern als ihre größten Probleme“, weiß der Buchautor zu berichten und fordert von der ganzen Gesellschaft: „Unsere Kompetenz, über Gefühle zu reden, muss besser werden.“ Das kann die Psychologin Culen auch aus ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bestätigen und ergänzt: „Junge Menschen stehen zunehmend unter Druck. Sie fühlen sich zwar in ihren Familien ganz wohl, gehen auch nicht ungern in die Schule und haben Freunde. Aber die Ängste davor, wie ich später in dieser Welt überleben kann, werden immer stärker.“ Darum sei das Sprechen über die eigenen Ängste ein wesentlicher Hebel zu deren Bewältigung. Junge Menschen seien darin wesentlich versierter als die ältere Generation, weiß Culen zu berichten. Was aber besonderen Druck mache, sei die in vielen Lebensbereichen erlebte Praxis, dass vor allem auf Fehler und Versagen geschaut werde als auf Erfolge und Erfreuliches. Das mache das Glückwerden mitunter schwer.
Emotionaler wurde im Salon der Einfluss von Social Media auf das Wohlbefinden von Menschen diskutiert. Den Vorteilen der Kontakt- und Informationsmöglichkeiten steht der Druck, immer verfügbar zu sein entgegen. Daher sei das kollektive Handy-Weglegen in der Schule geradezu eine Erleichterung für die Jugendlichen. Das sogenannte „Handyverbot“ biete Schutzzonen und werde daher überall gut angenommen. „Nicht das Handy ist schlecht, die Erwachsenen können es nicht sinnvoll nutzen“, konstatiert Marboe, der zuversichtlich ist, dass wir Menschen im Umgang mit dem Handy mit der Zeit genauso allgemein akzeptierte Regeln finden werden wie beim Autofahren. Kaineder findet einen Vergleich mit dem Messer: „Ein Handy ist wie ein scharfes Küchenmesser. Es kann ein hilfreiches Werkzeug sein, aber es wird gefährlich, wenn ich es nicht richtig nutze.“ Und er schließt abschließend den Kreis zum KA-Themenbereich Demokratie. „Mentale Gesundheit schafft auch gute Voraussetzungen für sinnvolle Praxis von liberaler Demokratie. Sie macht fähig, miteinander in Solidarität weiterzugehen.“
(ps/26.11.2025)

