Für konsequenten Bodenschutz und Umkehr in der Mobilitätspolitik
Die Katholische Aktion der Erzdiözese Wien kritisiert die Ankündigung von Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ), den Bau des umstrittenen Lobautunnels umzusetzen. Die Klimakrise erfordere einen grundlegenden Wandel in der Mobilität: "Eine Verkehrswende ist nur bedingt durch Bewusstseinsbildung möglich, sondern muss vor allem durch Infrastruktur- und Steuerungsmaßnahmen politisch gestaltet werden", so KA-Wien-Präsident Reinhard Bödenauer. Als "unverständliche Entscheidung" bezeichnete auch Markus Gerhartinger, Leiter des KA-Umweltbüros, das Bauprojekt. So sei es nicht nachvollziehbar, warum die Wiener Stadtplanung zwar den Anteil des Autoverkehrs von aktuell 25 Prozent auf 15 Prozent im Jahr 2030 reduzieren wolle, "aber noch immer autozentrierte Verkehrspolitik" mache.
Am Bild (v.l.n.r.): Christoph Watz, Generalsekretär der KA Wien, Reinhard Bödenauer, Präsident der KA Wien, Rafael Haigermoser, Vorsitzender der Katholischen Jugend Österreich © KAÖ / Petr Slouk
Der Lobautunnel ist Teil des S1-Abschnitts Schwechat-Süßenbrunn und soll die A4 mit der A23 verbinden. Rund um den Bau schwelt ein jahrzehntelanger Konflikt. Verkehrsminister Hanke hat am 25. September die Umsetzung des Bauprojekts bekanntgegeben.
Da eine Fertigstellung des Lobautunnels frühestens 2040 realistisch sei - jenes Jahr, in dem Österreich klimaneutral sein will - verwiesen Expertinnen und Experten laut KA auf Alternativen: etwa den Ausbau von Straßenbahnen ins Umland, Taktverdichtungen bei der S-Bahn, Schnellbuslinien sowie die Förderung von Fahrgemeinschaften. "Wer Straßen baut, wird Auto-Verkehr ernten", so das Fazit. Für Gerhartinger sei es daher "unverständlich", warum der Lobautunnel gebaut werde, obwohl "die Regierung sagt, es ist kein Geld da und die Wissenschaftler erklären, dass Straßen Individualverkehr anziehen".
Kritik kommt auch von der Katholischen Jugend Österreich (KJÖ). Die Kosten des Projekts werden mit 2,7 bis 4 Mrd. Euro beziffert. KJÖ-Vorsitzender Rafael Haigermoser sagte: "Gerade weil wir in Zeiten leben, in denen die Regierung davon spricht, dass gespart werden muss, verstehe ich nicht, warum man das Geld nicht sinnvoll nutzt." Zum Vergleich: Zwei Milliarden Euro seien "500-mal so viel wie die Kath. Jugend Österreich an Bundesjugendförderung im Jahr bekommt". Investitionen in sanfte Mobilität würden ebenso Arbeitsplätze sichern.
Kritik äußerte KA-Wien-Präsident Bödenauer zudem am Flächenverbrauch: So soll durch das Projekt rund 130 Hektar landwirtschaftliche Böden verloren gehen, davon 61 Hektar hochwertigstes Ackerland. Bodenschutz sei seit Jahren ein zentrales Thema der Kirche, unter anderem unterstützt durch Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof Franz Lackner und Jugendbischof Stephan Turnovszky.
Verkehrswende nötig
Bödenauer zeigte sich dennoch optimistisch: "Wir können nicht weitermachen wie bisher! Die Politik ist augenscheinlich noch im alten Denken verhaftet. Wir hoffen darauf, dass die Höchstgerichte hier zu einer Entscheidung in Richtung Nachhaltigkeit kommen werden und das Projekt noch stoppen." Dann könne das Geld in "zukunftsfähigere Mobilitätsinfrastruktur" fließen.
Als Basis der Kritik nannte die KA die Enzyklika "Laudato sí" des verstorbenen Papstes Franziskus (1936 - 2025), die auch dem KA-Dossier "Ökologische Umkehr" zugrundeliegt. Mit letzterem würden aktuelle Verkehrsprojekte bewertet, so die Laienorganisation der katholischen Kirche. Franziskus habe bereits vor zehn Jahren betont, "dass man den öffentlichen Verkehrsmitteln den Vorrang geben muss" (LS 153). Der KA sei bewusst, "dass die Klimakrise einen radikalen Wandel in der Mobilität erfordert", hieß es weiter. Eine Verkehrswende sei aber nur bedingt durch Bewusstseinsbildung möglich, sondern müsse vorrangig durch Infrastruktur- und Steuerungsmaßnahmen politisch gestaltet werden.
Aktuell tritt die KA Wien auch aktiv gegen den Bau der Ostumfahrung bei Wiener Neustadt auf.
Mahnmal gegen den Bau der Ostumfahrung bei Wiener Neustadt
In Wiener Neustadt wird am 4. Oktober ein Mahnmal gegen den Bau der Ostumfahrung eröffnet. Der Rektor des Missionshauses St. Gabriel, P. Franz Pilz, wird um 15 Uhr ein von Landwirt Josef Worm aufgestelltes Marterl segnen, teilte die Katholische Aktion (KA) Wien am Freitag (26.9.2025) in einer Aussendung mit. Die KA der Erzdiözese Wien ist Teil einer Allianz gegen das Straßenprojekt. Das Marterl erinnere an die bäuerlichen Vorfahren des Errichters und soll als Zeichen gegen den Verlust fruchtbarer Böden durch den Straßenbau verstanden werden. Eine Tafel verweist zudem auf die Enzyklika "Laudato si'" von Papst Franziskus und bezeichnet die Trassenführung als "sinnlose Vernichtung von wertvollem Ackerboden".
Die Ostumfahrung wird seit Juni gebaut und ist seit Jahren umstritten. Laut Medienberichten investiert das Land Niederösterreich 45 Millionen Euro in die Straße, die Ende 2027 fertiggestellt werden soll.
Die Bürgerinitiative "Vernunft statt Ostumfahrung" hatte mit einer Petition rund 10.000 Unterstützer gesammelt, den Bau aber nicht verhindern können. Laut KA soll das Mahnmal auch auf die Beeinträchtigung eines beliebten Radweges hinweisen, der vom Wiener Neustädter Kanal zur Lichtenwörther Leitha-Au führt.
Bei der Einweihung vertreten die KA Wien ihr Vikariatsvorsitzender Andreas Löffler sowie Generalsekretär Christoph Watz. Die KA ist nach eigenen Angaben seit 2020 in engem Austausch mit der Initiative gegen die Ostumfahrung. Damals hatte Weihbischof Franz Scharl seine Unterstützung erklärt.
Einladungsvideo Marterl am Acker
Im Rahmen ihrer Umweltarbeit weist die KA seit Jahren auf die Problematik des Bodenverbrauchs hin. In dem Dossier mit dem Titel "Ökologische Umkehr" heißt es dazu: "Wir können nicht weitermachen wie bisher."
KAÖ-Dossier Ökologische Umkehr und Mitweltgerechtigkeit
Quelle: kathpress / red.
(ps/2.10.2025)