Erfolgreiche Migration gelingt durch Begegnung
Migration ist eine reale Herausforderung für die Gesellschaft, die zugleich aber bei entsprechend reflektiertem Umgang eine Bereicherung darstellt. Das hat die Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ), Regina Petrik, bei einem Vortrag am Freitag (22.8.2025) in Kärnten betont. "Migration bedeutet Veränderung für eine Gesellschaft" - diese konstruktiv zu gestalten sei nur durch offene Kommunikation auch über vorhandene Ängste und zugleich durch "Begegnung, Begegnung, Begegnung" und einen dialogischen "Beziehungsaufbau" möglich. Für Christinnen und Christen "gibt es keine Alternative, als dem Nächsten zu helfen", sagte Petrik in ihrem Vortrag am zweiten Tag der Internationalen Sommertagung des Katholischen Akademikerverbands im Kärntner Bildungshaus Sodalitas.
Die Herausforderung bestehe konkret darin, dass es bis zu sieben verschiedene, gleichzeitig ablaufende Phasen des Umgangs mit Migration gebe. Diese reichten von Angst und Ablehnung über eine Phase des Aushandelns und Arrangierens mit den neuen Realitäten bis hin zur Akzeptanz der Migrantinnen und Migranten. So wünschenswert es ist, bis zu dieser Akzeptanz zu gelangen, so wichtig sei es auch, Ängste in der Bevölkerung nicht kleinzureden, sondern zuzulassen und ihnen Raum zu geben. Schließlich trage Migration dazu bei, dass sich "das öffentliche Leben sichtbar verändert" und die Unterschiede sichtbar werden, so Petrik. Ein reflektierter Umgang mit Migration stelle daher auch keine "verniedlichende Multi-Kulti-Botschaft" dar, sondern ziele auf Lernprozesse, "Diversität anzunehmen, zu verstehen und dann auch zu nutzen", so die Generalsekretärin und frühere burgenländische Grünen-Politikerin.
Auch ein realistischer Blick auf tatsächliche Fluchtmotive und dahinter stehende Abhängigkeits- und Herrschaftsverhältnisse und ein bewussterer Umgang mit der Sprache, in der über Migration und Migranten etwa in Medien gesprochen wird, könne dazu beitragen, das Verständnis zu erhöhen. "Wir bedürfen also eines kompetenten Umgangs mit unseren Gefühlen, nicht das Absprechen derselben. Jedes Gefühl ist zulässig, aber es muss reflektiert werden, auf seine realen Ursachen hin abgeklopft werden. Hier geht es um Ängste genauso wie um Projektionen, Vorurteile, Neid und Hass." Schließlich seien Gefühle zwar "Privatsache" - aber in ihrer Wirkung oftmals "öffentlich und politisch", erinnerte Petrik.
Plassnik: "Europa braucht ein neues Selbstbewusstsein"
Für ein "neues europäisches Selbstbewusstsein" angesichts der aktuellen, bedrängenden Herausforderungen, vor denen Europa stehe, hat sich die VP-Politikerin und frühere österreichische Außenministerin Ursula Plassnik ausgesprochen. Angesichts der sicherheits- wie wirtschaftspolitischen Instabilität müsse sich Europa seiner Stärken wieder entsinnen, sich als "Friedensprojekt" neu verstehen lernen. Es gelte so zu neuem Selbstbewusstsein zu kommen und nicht verschämt den Kopf hängen zu lassen gegenüber den Großmächten im Westen und Osten, appellierte Plassnik bei einem Vortrag am Donnerstagnachmittag (21.8.2025).
Der Vortrag bildete zugleich den Auftakt zur Internationalen Sommertagung des Katholischen Akademiker/innenverbands (KAVÖ), die bis Sonntag (24.8.2025) unter dem Titel "Europa - in geistigem Umbruch und politischer Neuordnung" stattfand. Unter den Vortragenden waren neben Plassnik auch Militärbischof Werner Freistetter sowie der Grazer Ethiker Leopold Neuhold.
Die von ihr genannte Aufgabe müsse in jedem europäischen Land angegangen werden - speziell auch in Österreich, das sich über viele Jahrzehnte bei Fragen der Sicherheit allzu sehr hinter der Neutralität versteckt und nur auf die Partnerländer verlassen habe, sagte Plassnik. "Entweder wir empfinden uns als Europäer, dann müssen wir auch bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Oder wir tun das nicht - dann räumen wir Europa in ein Bücherregal und sagen, wir haben damit nichts mehr zu tun." Dringend notwendig sei daher ein Überdenken der österreichischen Verteidigungsstrategie und der Rolle des Bundesheeres, befand Plassnik. "Wir müssen raus aus unserer Bequemlichkeit." Solidarität sei "keine Einbahnstraße, man kann nur erwarten, was man selbst bereit ist zu geben".
Auch auf europäischer Ebene gelte es, in Sicherheitsfragen neues Selbstbewusstsein zu schaffen, etwa indem man den europäischen Rüstungs-Binnenmarkt stärkt und bei der Beschaffung von Waffensystemen nicht immer nur ins Ausland schielt. "Wir werden gemeinsam bestimmte Dinge produzieren müssen." Dazu brauche es eine gemeinsame Verteidigungs- und Rüstungsstrategie. Dies bedeute nicht, Europa als "Friedensprojekt" aufzugeben, führte Plassnik aus - im Gegenteil: "Wir haben es geschafft, die Gewalt, die diesen Kontinent über Jahrhunderte geprägt hat, durch friedlichen Austausch, Kompromiss und Diplomatie umzugestalten." Dies sei ein wichtiger Wert, der nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden dürfe.
Europa sei kein weit entferntes bürokratisches Konstrukt, sondern "jeder von uns". "Wir sind keine Untertanen von Europa, sondern Mitherrscher. Von uns müssen die Impulse kommen", rief die ehemalige Außenministerin zu mehr politischem Engagement auf. Selbstbewusstsein habe schließlich mit Bewusstsein zu tun - und dieses Bewusstsein davon, "wozu wir uns einbringen wollen, was wir bereit sind, beizutragen", gelte es neu zu entdecken. Plassnik mied dabei bewusst das Wort von der "Seele Europas" - darunter verstehe schließlich jeder etwas anderes; "Selbstbewusstsein" sei für sie der treffendere Begriff.
Europa – in geistigem Umbruch und politischer Neuordnung – KAVÖ
Europa braucht ein neues Selbstbewusstsein
Quelle: kathpress/red.
(ps/25.8.2025)