"Ganzheitliche Frauengesundheit ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit"
"Frauengesundheit ist kein Randthema, sondern ein Menschenrecht": Mit diesem deutlichen Appell für eine gerechte und ganzheitliche Gesundheitspolitik hat die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Angelika Ritter-Grepl, die kfbö-Sommerstudientagung im Südtiroler Brixen eröffnet. Gesundheit sei keine rein private, sondern eine gesellschaftliche und politische Aufgabe. Anlass war die diesjährige kfbö-Tagung zum Thema "Frauengesundheit" (16. - 19. Juli) sowie das kfbö-Jahresthema "Gesundheit ist weiblich. Vielfältig. Stark. Unverzichtbar.", bei der Expertinnen aus Theologie, Medizin, Sozialwissenschaft und Pastoral über biologische, soziale und spirituelle Dimensionen von Gesundheit diskutierten.
Mehrfachbelastungen durch Erwerbs- und Sorgearbeit sowie gesellschaftliche Ansprüche beeinflussten die Gesundheit von Frauen maßgeblich, so Ritter-Grepl. "Ganzheitliche Frauengesundheit ist kein Nice-to-have. Sie ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit." Trotz der dominierenden Rolle von Frauen in Gesundheits- und Pflegeberufen sei ihre Perspektive im medizinischen System lange marginalisiert worden. "Obwohl über 80 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitsbereich Frauen sind, haben sie über Jahrhunderte oft nur am Rand Platz gefunden", so Ritter-Grepl. Medizinische Forschung sei lange am männlichen Körper normiert gewesen, viele Symptome bei Frauen würden bis heute nicht erkannt oder nicht ernst genommen.
Ganzheitliche Frauengesundheit bedeute daher nicht nur medizinische Versorgung, sondern auch gesellschaftliche Sichtbarkeit: "Stark ist Frauengesundheit, wenn Frauen informiert sind, mitbestimmen können und Räume finden, über ihre körperlichen und seelischen Erfahrungen zu sprechen - ohne Scham und Tabus", so Ritter-Grepl. Folglich heiße es sowohl individuelle, interaktive, strukturelle, ökonomische, ökologische und spirituelle Dimensionen von Frauengesundheit zu beachten.
Biblische Heilungsgeschichten
Im Zentrum der Tagung - die von 16. bis 19. Juli stattfand - standen Workshops zu Gender-Medizin, Ernährung, Bewegung und spirituellen Kraftquellen - etwa zu den Heilungsgeschichten der Evangelien. Diese erzählten, so die Neutestamentlerin Maria Theresia Ploner, "von Hoffnung, von Befreiung - aber auch von Fragen nach Normalität, Gesundheit und Krankheit". Die Geschichten seien keine medizinischen Protokolle, sondern "Propagandageschichten für den Jesusglauben" und könnten eine Kraftquelle für heutige Resilienz sein, erklärte Ploner, die in einer begleitenden Interviewserie zentrale Inhalte einem breiteren Publikum zugänglich macht.
Wesentlich sei dabei aber auch ein kritischer Blick auf implizite Normalitätsvorstellungen: "Gerade Menschen mit Beeinträchtigung empfinden diese Texte manchmal als Zumutung", so die Neutestamentlerin. Zwar stelle Jesus damalige gesellschaftliche Ausschlussmechanismen infrage, dennoch bleibe das biblische Narrativ von Heilung oft im Idealbild des "gesunden" Körpers verhaftet.
Kein Mensch ein Irrtum
Neben biologischen Aspekten thematisierte die Tagung auch die Rolle von Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft. Im Workshop "Männlich und weiblich erschuf Gott sie?!" sprach die Leiterin des Frauenreferats der Diözese Innsbruck Magdalena Collinet über queersensible Pastoral. Diese bedeute eine "grundsätzliche Offenheit gegenüber Menschen in homosexuellen Beziehungen und mit Geschlechtsidentitäten außerhalb der binären Norm". Für eine zukunftsfähige Kirche brauche es die Anerkennung, dass "kein Mensch ein Irrtum ist", so Collinet. Vielfalt sei "nicht ein Problem, das es zu lösen gilt, sondern eine Realität, die wir begrüßen und gestalten sollten".
Die kfbö verstehe Frauengesundheit als eine Aufgabe, die Körper, Psyche, soziale Realität und Spiritualität gemeinsam in den Blick nehme. "Unsere Sommerstudientagung macht sichtbar, wie breit Frauengesundheit gedacht werden muss - von biologischen Voraussetzungen über gesellschaftliche Rahmenbedingungen bis hin zu spirituellen Kraftquellen", betonte Generalsekretärin Sonja Schromm. Die im Rahmen der Tagung geführten Interviews mit Expertinnen sind online abrufbar: kfb.at/jahresthema-2025-2027
Rede von Vorsitzenden Angelika Ritter-Grepl: SOST 2025
Workshop: YOGA UND FRAUENRAUM - CAREARBEIT MAL ANDERS
HEILSAMES ERZÄHLEN. DIE HEILUNGSGESCHICHTEN IN DEN EVANGELIEN
BEWEGUNG UND SPORT IST WEIBLICH
MÄNNLICH UND WEIBLICH ERSCHUF GOTT SIE?!
Workshop: GENDER MEDIZIN UND FRAUENGESUNDHEIT IN DER PRAXIS
Quelle: Kathpress/red.
(ps/12.8.2025)