"Papst Franziskus zwischen Aufbruch und Blockade"
Katharina Renner, Vizepräsidentin der Katholischen Aktion Österreich, und Helmut Schüller, Gründer der "Pfarrer-Initiative" und Geistlicher Assistent des Forum Zeit und Glaube/Katholischer Akademiker:innenverband der Erzdiözese Wien, haben im Ö1-Mittagsjournal am Samstag (26.4.2025) die Amtszeit von Papst Franziskus kritisch gewürdigt. Der am Ostermontag (21. April) verstorbene Papst habe in seiner zwölfjährigen Amtszeit von 2013 bis 2025 viele Reformen angestoßen, sei aber oft durch innerkirchliche Widerstände sowie "eigenen Rücksichten" ausgebremst worden. Positiv bewerteten Renner und Schüller unisono die neue Dialogkultur, die Franziskus etabliert habe. Für den nächsten Papst formulierten sie klare Erwartungen: Mehr Mut zu strukturellen Veränderungen und eine verbindliche Einbindung der Stimmen der Gläubigen.
"Ohne die Laien geht es nicht"
Renner verwies auf die grundlegende Rolle der Getauften für die Kirche. "Ohne die Laien geht es nicht", betonte sie. Die Kirche müsse stärker auf die Stimmen der Gläubigen hören, Konzilien und synodale Prozesse müssten echten Einfluss ermöglichen. Papst Franziskus habe hierbei zwar den Stil verändert, als nächster Schritt müsse dieser Ansatz aber auch kirchenrechtlich abgesichert werden, forderte Renner. Die Katholische Aktion erwarte hier vom nächsten Papst konkrete Schritte.
Zur Frage der Segnung homosexueller Paare verwies Renner auf die kulturelle Vielfalt innerhalb der Weltkirche. Es sei nicht die Aufgabe des Papstes, einzelne Lebensstile besonders hervorzuheben. Franziskus habe versucht, Offenheit und Einheit auszubalancieren - ein "schmaler Grat", konstatierte Renner.
In Bezug auf die Weihe von Frauen zu Diakoninnen betonten beide Gesprächspartner, dass theologisch nichts dagegenspreche. Jedoch sei auch die Kirche Teil einer von Ungleichheit geprägten Gesellschaft, Veränderungen bräuchten Zeit. Laut Schüller verhindern aber auch kulturelle und psychologische Hemmnisse eine echte Gleichstellung. Sorge bereitet beiden die zunehmende Entfremdung engagierter Christinnen und Christen von der Kirche. Viele, die lange Verantwortung getragen hätten, würden sich enttäuscht abwenden.
Franziskus sei angetreten, um Türen in pastoralen Fragen zu öffnen, sagte Pfarrer Schüller. Besonders bei Themen wie dem Zugang verheirateter Männer und von Frauen zu Weiheämtern seien große Erwartungen an ihn geknüpft gewesen. Franziskus sei "weit gegangen", Schüller empfand den Papst jedoch als "einen der Ausgebremsten" - etwa bei der Amazonassynode. Anders als Papst Paul VI. nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil habe Franziskus Reformprojekte nicht immer abschließen können. Einflussreiche Kräfte hätten ihn immer wieder zur Vorsicht gedrängt, mutmaßte Schüller.
Mit Blick auf Europa betonte Schüller, die Kirche sei hier nicht im Niedergang begriffen, sondern befinde sich "am tiefsten drinnen in einer Post-Aufklärungsgesellschaft". Eine Entwicklung, die auch andere Teile der Weltkirche noch erreichen werde. Europa könne sich aber als "Zukunftslabor" für die gesamte Kirche erweisen. Dass Franziskus Europa nicht in seiner ganzen Tiefe kennengelernt habe, sei verständlich - seine Prioritäten hätten anderswo gelegen. Dennoch habe er den reichen Kontinent zur Selbstkritik aufgerufen.
Zum Nachhören: Frau Renner, Herr Schüller, wer war Ihr Franziskus?
Quelle: kathpress/red.
(ps/28.4.2025)