Kirche als Korrektiv und Pilgern als Lebenskunst
Die Kirche ist ein wichtiges Korrektiv für Politik und Gesellschaft - sie muss diese Funktion aber ernster nehmen und intensiver verfolgen, sagt die Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Regina Petrik, in der aktuellen Folge des Podcasts "Der Sozialkompass" der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe). Als aktive Politikerin habe sie es "oft schmerzlich vermisst", dass die Kirche ihre "Lobbyarbeit" nicht intensiv genug betreibe. "Ich weiß, dass wir das brauchen als moralisches Korrektiv". Darin sehe sie auch eine ihrer Aufgaben in der KAÖ, die Stimme der Laien nicht nur in der Kirche, sondern die Stimme der Kirche in die Gesellschaft hinein lauter werden zu lassen. (zum Podcast)
Über Pilgern als Form der Lebenskunst spricht KAÖ-Präsident Ferdinand Kaineder im Podcast „Wachsen. Ein Leben lang. Lebenskunst für Jung und Alt“ der Kategorialen Seelsorge der Erzdiözese Wien. Im Gespräch mit Beatrix Auer blickt Kaineder auf seinen persönlichen und beruflichen Werdegang zurück, auf Menschen, die ihn geprägt haben und ihm Vorbild waren. Erzählt über seine Neugier auf Menschen und deren Geschichten, seine eigene Lust an Kommunikation und das Wohnen in einem Mehrgenerationenhaus. (Zum Podcast)
Es braucht Kompromiss und Konsens
Petrik unterstreicht in dem ksoe-Podcast, Politik sei in ihrem Wesen auf Kompromiss und Konsens angelegt. "Wir sind gewählt worden, um unterschiedliche Vorstellungen miteinander zu verhandeln", betont sie mit Blick auf ihre langjährige parlamentarische Tätigkeit. Dass Kompromisse notwendig sind, sehe sie nicht als Schwäche, sondern als "Demokratie in Aktion". Wichtig sei jedoch, dass es dabei fair zugehe: "Streit ist gut - wenn er respektvoll geführt wird." Es brauche Räume, in denen nicht Machtverhältnisse dominieren, sondern Lösungen im Zentrum stehen. Dazu gelte es heute immer mehr, nach neuen Koalitionen mit Menschen und zivilgesellschaftlichen Playern zu suchen, die wirklich an Lösungen und nicht nur an Streit interessiert sind.
Kritisch äußerte sich Petrik zur politischen Kommunikation der Gegenwart. Sie orte eine "Dauerschleife der Empörung", die sich mit dem Aufstieg der sozialen Medien verschärft habe. Kommentare im Sekundentakt, oft emotionalisiert und untergriffig, erschwerten sachliche Auseinandersetzungen. Die mediale Logik bevorzuge Zuspitzung vor Inhalten. "Ich habe als Politikerin erlebt: Wenn ich fundierte Pressekonferenzen mit Expertinnen veranstaltete, war das kaum jemandem eine Schlagzeile wert. Aber wenn im Titel stand 'Petrik attackiert Nissl', waren plötzlich alle da."
Gerade deshalb sei es umso wichtiger, Gegengewichte zu setzen und auf respektvolle Kommunikation zu achten - auch als Vorbild. Dazu gehöre etwa, andere ausreden zu lassen oder sich bewusst auf das Gegenüber einzulassen. "Das beginnt mit einer Sekunde Ein- und Ausatmen", sagte Petrik. Demokratie lebe von Beziehungspflege, auch jenseits politischer Lager. Allianzen mit Andersdenkenden seien kein Verrat an der eigenen Haltung, sondern ein Ausdruck reifer Gesprächskultur.
Die inzwischen dritte Staffel des ksoe-Podcast "Der Sozialkompass" steht unter dem Oberthema "Sozialer Friede". Alle bisherigen Staffeln und Folgen und die aktuelle Folge können unter www.ksoe.at/podcast nachgehört werden.
(jop/15.4.2025)