„Antisemitismus darf sich nicht ausbreiten“
Gezielte und umfassende Maßnahmen gegen den steigenden Antisemitismus in Österreich fordert die Katholische Aktion Österreich (KAÖ). „Das Gedenken an die Pogrome vom 9. November 1938 muss unseren Blick auf die besorgniserregenden Entwicklungen heute lenken. Jüdische Mitbürger:innen in unserem Land und in der gesamten EU müssen wieder Angst haben, sich in der Öffentlichkeit als Juden zu zeigen und in die Synagoge zu gehen. In Schulen werden jüdische Kinder gemobbt und jüdische Geschäfte und Denkmäler werden mit Hassparolen besprüht. Politik, Kirchen und Zivilgesellschaft sind gefordert, diesen Entwicklungen ohne Wenn und Aber entgegentreten und entgegenzuwirken“, erklärt das KAÖ-PräsidentInnen-Team zum bevorstehenden Gedenktag und zu jüngsten Informationen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in Österreich.
„Von der künftigen Regierung und allen im Nationalrat vertretenen Parteien erwarten und fordern wir, dass die bisherigen Programme und Projekte, die dem Gedenken der Verbrechen des NS-Regimes an Juden, der Entschädigung der Opfer und ihrer Nachkommen sowie dem Kampf gegen Antisemitismus gewidmet sind, nicht zurückgeschraubt sondern im Gegenteil ausgeweitet werden“, betonen Ferdinand Kaineder, Katharina Renner und Thomas Immervoll.
„Im Blick auf die Lage im Nahen Osten, die den Antisemitismus weltweit noch einmal befördert hat, hoffen wir sehr und beten, dass es bald zu einem Waffenstillstand und einer Freilassung der Geiseln kommt und Schritte in Richtung Frieden möglich werden. So leidvoll der Konflikt für beide Seiten ist, er rechtfertigt in keiner Weise Antisemitismus, und er rechtfertigt ebenso wenig antimuslimische Ressentiments. Wo wir Kontakte zu friedenstiftenden Menschen, Gruppen und Organisationen im Nahen Osten haben, werden wir uns als KA dafür einsetzen, dass der gewaltfreie Weg zum Frieden nicht gänzlich verschüttet wird. Der Glaube an einen Frieden in Gerechtigkeit darf uns nicht verlorengehen“, so das KAÖ-PräsidentInnen-Team.
In der Nacht vom 9. auf 10. November 1938 wurden im gesamten deutschen Machtbereich Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte sowie Wohnungen zerstört und verwüstet. Zahlreiche Juden wurden bei den Pogromen getötet oder verletzt. Allein in Wien wurden insgesamt 42 Synagogen und Bethäuser zerstört. 6.547 Wiener Juden kamen in Haft, an die 4.000 davon wurden in das Konzentrationslager Dachau verschleppt.
„Der antisemitische Furor in der Pogromnacht kam weder aus heiterem Himmel noch brach er spontan ‚aus dem Volk‘ los. Ihm ging eine jahrelange Hetze gegen Juden und eine Einschränkung ihrer Rechte voraus, und er wurde gezielt vorbereitet und unter passendem Vorwand von der Reichsführung ausgelöst. Er markiert einen Schritt von der Judenverfolgung und -vertreibung hin zur Judenvernichtung im Holocaust“, hält das KAÖ-PräsidentInnen-Team fest.
"Wir sind mittendrin in Hetze und Hass"
„In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Engagement gegen Antisemitismus oft unter dem Motto ‚Wehret den Anfängen!‘ geführt. Wenn wir heute in die Sozialen Medien blicken, uns die Statistiken antisemitischer Übergriffe ansehen und die Erfahrungen jüdischer Mitmenschen hören, müssen wir leider feststellen: Wir stehen nicht am Anfang sondern sind mittendrin in den Vorurteilen, den Verschwörungstheorien, in Hetze und Hass“, so Kaineder, Renner und Immervoll.
„Antisemitismus trifft zuerst und unmittelbar unsere jüdischen Mitmenschen. Er ist aber viel mehr als das: Er richtet sich auch gegen die allgemeine Menschenwürde und die Menschenrechte, gegen die Werte von Solidarität, Gerechtigkeit und Gemeinschaft, gegen die Säulen unserer liberalen Demokratie. Der Weg zur Ablehnung anderer Minderheiten, Nationalitäten und Religionsgemeinschaften ist ein kurzer“, warnen die KAÖ-Verantwortlichen.
Siehe auch:
"Mechaye Hametim"
Ehemalige Synagoge St. Pölten
IKG
Antisemitismus-Meldestelle
(jp/31.10.2024)