Entwicklungshilfe: NGOs mahnen Regierung zu mehr Engagement
Die "AG Globale Verantwortung" fordert verstärkte Anstrengungen Österreichs zur Erhöhung der Entwicklungshilfe-Leistungen. "Es ist die Verantwortung wohlhabender Länder wie Österreich, im Spitzenfeld der Geberländer zu stehen und anhand langfristig abgesicherter Mittel weltweit Armut zu reduzieren, notleidende Menschen zu unterstützen und zu Stabilität beizutragen", so Lukas Wank, Geschäftsführer AG Globale Verantwortung, der auch mehrere KAÖ-Gliederungen angehören. Er regierte damit auf den Entwicklungshilfe-Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der die ODA-Zahlen (Official Development Assistance) der OECD-Mitgliedsländer auflistet.
Österreich hat demnach 2023 etwas weniger für Entwicklungshilfe ausgegeben als im Jahr davor. Der Anteil öffentlicher Entwicklungshilfegelder lag bei 0,38 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) und damit zwar leicht über dem OECD-Durchschnitt von 0,37 Prozent, jedoch unter dem Wert von 2022 (0,39 Prozent). Insgesamt erreichten die Entwicklungshilfe-Leistungen der OECD-Staaten mit 223,7 Mrd. US-Dollar (205,99 Mrd. Euro) ein Allzeithoch, teilte die Organisation mit.
Mit "Wohlwollen" habe man in den vergangenen Jahren die Bemühungen der aktuellen Regierungskoalition verfolgt, bilaterale Mittel für die österreichische Entwicklungszusammenarbeit und die Humanitäre Hilfe beispielsweise des Auslandskatastrophenfonds zu erhöhen, so Wank: "Österreichs Entwicklungshilfe-Leistungen, die seit dem letzten Jahr auch aus dem Klimaschutz- und Gesundheitsministerium gespeist werden, sind somit wiederholt auf akzeptablem Niveau. Dennoch ist es bedauerlich, dass die Bundesregierung erneut keine weitreichenden Maßnahmen ergriffen hat, um das international vereinbarte Ziel von 0,7 Prozent des BNE zu erreichen. Und das, obwohl sie sich in ihrem Regierungsprogramm und in entwicklungspolitischen Strategien zur ODA bekannt hat."
Nach den Fortschritten der letzten Jahre erwarte sich die AG, "nicht zu verharren", sondern eine ODA-Quote weit über dem europäischen Durchschnitt von aktuell 0,47 Prozent des BNE zu erzielen. Vergleichbare europäische Staaten hätten das 0,7-Prozent-Ziel zum wiederholten Mal übertroffen, führte Wank aus. Mit Blick auf die Details habe Deutschland 2023 zum Beispiel rund 298 Euro und Norwegen sogar 546 Euro pro Kopf für die erwähnte bilaterale Hilfe bereitgestellt, während es in Österreich 94 Euro pro Einwohner waren (2022: 115 Euro pro Einwohner).
Abschließend regte Wank die Regierung neben einer quantitativen auch zu einer qualitativen Aufwertung der ODA an. Derzeit würden OECD-Staaten bestimmte Ausgaben einrechnen, die nicht direkt zu nachhaltiger Entwicklung in Drittländern beitragen; zum Beispiel Unterstützungskosten für schutzsuchende Menschen innerhalb Österreichs, die 2023 voraussichtlich 14,7 Prozent der gesamten ODA ausmachten, oder Stipendien für Studierende aus Drittländern.
Das stehe in starkem Kontrast zu einer weiteren Verpflichtung, die Österreich noch nie erreicht hat: 0,2 Prozentpunkte der vereinbarten 0,7 Prozent für Menschen in den ärmsten Ländern der Welt bereitzustellen. "In Zeiten des Umbruchs und der Unsicherheit ist es entscheidend, die Unterstützung für ein menschenwürdiges Leben für alle auf einem gesunden Planeten zu steigern", so Wank. Die AG Globale Verantwortung ist der Dachverband von 36 NGOs, darunter viele kirchliche, die im Bereich internationale Entwicklung und Humanitäre Hilfe tätig sind.
Stagnation ist falscher Weg
Das Hilfswerk "Jugend Eine Welt" betonte in einer Aussendung, dass die Stagnation von Österreichs öffentlichen Entwicklungshilfe-Leistungen der falsche Weg sei. "Millionen Menschen kämpfen im Globalen Süden täglich ums Überleben. Kinder haben keine Möglichkeit in die Schule zu gehen, ihnen wird die Chance auf ein Leben in Würde geraubt. Sie sind auf Entwicklungszusammenarbeit angewiesen", so Geschäftsführer Reinhard Heiserer.
Für Österreich müsse das international vereinbarte Ziel der OECD-Staaten, jährlich 0,7 Prozent des BNE für öffentliche Entwicklungshilfeleistungen bereitzustellen, gerade jetzt - in Zeiten wie diesen - höchste Priorität haben", so Heiserer weiter. Er erinnerte im Zuge dessen auch an die Tatsache, dass sich Österreichs Regierung sowohl in ihrem Regierungsprogramm als auch im Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit zu dem 0,7 Prozent-Ziel bekannt habe.
ODA-Daten der OECD
Dass die ODA-Gesamtleistungen der OECD-Staaten 2023 ein Allzeithoch erreichten, ist laut OECD erneut auf die Hilfsleistungen für die Ukraine zurückzuführen. Bereits 2022 hatten diese für einen neuen Rekord der ODA (185,5 Milliarden Euro) gesorgt. Die OECD verzeichnete aber auch bei humanitärer Hilfe ein Plus.
Mit 0,38 Prozent des BNE hinkt Österreich - ebenso wie ein Großteil der restlichen OECD-Staaten - dem 0,7-Prozent-Ziel der Vereinten Nationen hinterher. Dieses erreichten laut den vorläufigen OECD-Zahlen im Vorjahr nur Norwegen (1,09 Prozent), Luxemburg (0,99 Prozent), Schweden (0,91 Prozent), Deutschland (0,79 Prozent) und Dänemark (0,74 Prozent).
Von insgesamt 31 Mitgliedsländern des OECD-Entwicklungshilfeausschusses (Development Assistance Committee (DAC) konnten 2023 14 ihre Entwicklungshilfemittel anheben, in 17 Staaten - darunter Österreich (minus 4,1 Prozent) - sanken diese. Als Gründe führt die OECD, auch für Österreich, die gesunkenen Kosten für Flüchtlingsbetreuung im Inland an. Wie auch in den Vorjahren waren die USA, Deutschland, Japan, das Vereinigte Königreich und Frankreich die größten Geberländer.
Quelle: Kathpress
(jp/12.4.2024)