Sternsinger:innen-Spenden bieten Starthilfe für Jugendliche in Guatemala
Solidarität mit benachteiligten Gleichaltrigen ist das Leitmotiv der 85.000 Kinder und Jugendlichen, die demnächst zwischen Weihnachten und Dreikönig wieder als Sternsinger von Haus zu Haus ziehen. Die von ihnen eingenommenen Spenden gehen an 500 Projekte der Dreikönigsaktion, die heuer Guatemala als ihr Beispielland ausgesucht hat. Wie die Spenden aus Österreich vor Ort konkret helfen, haben aus dem mittelamerikanischen Staat stammende Jugendliche, die von der Stiftung "Fundacion tierra nuestra" unterstützt werden, bei einem Besuch in Wien der Nachrichtenagentur Kathpress erzählt.
"Als ich 16 war, reiste ich alleine in die USA - illegal, mit einem Schlepper", erinnert sich Orelio Osias Godines Velasquez zurück. Was ihn damals von seinem Heimatdorf wegtrieb, war die Armut seiner Familie und die Hoffnung auf besseres Leben anderswo. In Guatemalas Dörfern gehört das meiste fruchtbare Land der Agrarindustrie, auf deren Plantagen Jugendliche für Hungerlohn schuften, statt zur Schule zu gehen. Zwischen 70 und 90 Prozent der Kinder in den Landregionen sind mangelernährt, nicht zuletzt da selbst Grundnahrungsmittel so teuer sind. Auch das Trinkwasser ist knapp und die Kriminalitätsrate hoch.
Orelio hatte auch in den USA kein Glück. Er wurde an der Grenze aufgegriffen und abgeschoben, landete zerknirscht und verschuldet wieder zuhause und wäre wahrscheinlich auf die schiefe Bahn geraten, sagt er heute. Doch das Leben des heute 23-Jährigen machte eine positive Wende - dank der "Fundacion tierra nuestra". Die von der Dreikönigsaktion unterstützte Stiftung gab ihm ein kleines Startkapital und Anleitung, um Hühnerküken zu züchten und weiterzuverkaufen. "Von dem, was mein kleiner Betrieb abwarf, konnte ich meine Schulden bezahlen und Krankenpflege studieren", berichtet Orelio. Heute arbeitet er im Kinderspital, kann seine Familie ernähren - und züchtet weiterhin 35 Küken.
Auch die 20-jährige Dina Marielita Lopez Velazquez ist dank der aus einem Diözesanprojekt entstandenen Stiftung ihrem Lebenstraum ein großes Stück nähergekommen. Die Tochter armer Kaffeebauern begann, Barsche zu züchten, wofür sie ebenfalls Starthilfen bekam. Die Ernährung der Familie hat sie damit gesichert, eines Tages will sie auch einen Schönheitssalon eröffnen und ihr Hobby zum Beruf machen. "Obwohl es bei uns am Land kaum Arbeitsmöglichkeiten gibt, habe ich gelernt, Alternativen zu suchen und Ziele anzusteuern", sagt die junge Guatemaltekin.
Mit dem Geld, das Dina mit dem Verkauf der Fische verdient, kauft sie Mais und Gemüse. Ihr Plan ist es, einen weiteren Teich anzulegen © dka/Wolfgang Krenmayr
Hoffnung und Schutz
143 Jugendliche werden derzeit von der Stiftung "Tierra nuestra" (deutsch: unser Land) auf dem Weg zur Selbstständigkeit begleitet, erklärt die ebenfalls nach Österreich mitgereiste Projektkoordinatorin Karla Lizeth Coronado Ramirez. 41 von ihnen haben bisher eigene landwirtschaftliche Projekte wie die Fisch- und Geflügelzucht gestartet, Kleinbetriebe wie Bäckereien, Schneidereien und Reparaturwerkstätten eröffnet oder ökologische Initiativen ins Leben gerufen. Neben Finanzhilfen gibt es für sie Trainings und regelmäßige Besuche von Projektmitarbeitern. "Wir geben Hoffnung. Es ist so schön zu sehen, wie die Jugendlichen über sich selbst hinauswachsen", schwärmt die Koordinatorin.
Junges Guatemala
Das frühere Bürgerkriegs-Land Guatemala ist sehr jung: 41 Prozent der 17 Millionen Einwohner sind Kinder und Jugendliche. Die Dreikönigsaktion will auch zu deren besseren Schutz vor Gewalt beitragen. Konkret geht ein Teil der Spenden auch an das Menschenrechtsbüro der Erzdiözese Guatemala, das Verstöße gegen Kinderrechte dokumentiert - wie Misshandlung, sexueller Missbrauch, Menschenhandel, chronische und akute Unterernährung, Kinderarbeit und ungewollte Schwangerschaften - dokumentiert und veröffentlicht.
Regelmäßig mahnt das Büro den Staat, dass mehr Investitionen in das Bildungs- und Gesundheitssystem dringend notwendig sind. Es schafft zudem Räume, in denen Kinder und Jugendliche vor Gewalt sicher sind, und organisiert psychologische Betreuung für Opfer.
70. Auflage einer Erfolgsaktion
Das Sternsingen wird heuer bereits zum 70. Mal durchgeführt. Insgesamt 520 Millionen Euro hat die Aktion der Katholischen Jungschar seit ihren Anfängen im Jahr 1954 bereits gesammelt. Die als Kaspar, Melchior und Balthasar verkleideten Kinder verkünden bei ihren Besuchen von Haus zu Haus die Weihnachtsbotschaft, bringen den Segen fürs neue Jahr und sammeln für Hilfsprojekte in aller Welt. Offizieller Auftakt der Aktion im Jahr 2024 ist am 27. Dezember 2023 der Empfang der "Heiligen Königen" bei Kardinal Schönborn. Am 30. Dezember sind königliche Delegationen aus ganz Österreich zu Gast bei Bundespräsident Van der Bellen.
Sternsingen - Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar (dka.at)
Onlinespenden www.sternsingen.at/spenden;
DKA-Spendenkonto: IBAN: AT23 6000 0000 9300 0330)
(ps/19.12.2023)