Gesellschaft menschenwürdig gestalten
Kirche wie auch Arbeitnehmer:innevertretung kommt die Aufgabe zu, die Gesellschaft menschenwürdig zu gestalten. Das war der Tenor bei der Sommerakademie der Katholischen Arbeitnehmer:innenbewegung der Diözese St. Pölten (KAB), die vom 29. bis 31. August in der Kartause Gaming in Niederösterreich stattgefunden hat. Seit fast 30 Jahren vernetzen sich in Gaming bei der Sommerakademie kirchliche Arbeitnehmerfunktionär:innen mit Betriebsrät:innen, Gewerkschafter:innen und Mitarbeiter:innen der Arbeiterkammer.
Die Vernetzung sei demokratiepolitisch bedeutend, hieß es. Außerdem profitiere die KAB von der Expertise der nichtkirchlichen Arbeitnehmervertreter:innen. Hauptthemen waren laut einem Bericht in der aktuellen Ausgabe der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt" die Katholische Soziallehre, wie es Frauen in der Corona-Zeit ergangen ist, sowie Diskussionen zur Wirtschaftsform. Über erstere referierte der Direktor der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe), Markus Schlagnitweit.
Schlagnitweit stellte demnach Geschichte und Prinzipien der Katholischen Soziallehre näher vor. Neben den klassischen Prinzipien Personalität, Gemeinwohl, Solidarität und Subsidiarität seien die Prinzipien "Option für die Armen", Nachhaltigkeit und Dialog dazugekommen. Der Sozialethiker fasste zusammen: "Das an der Personenwürde des Menschen und vorrangig an den Bedarfslagen der Armen sich orientierende, solidarisch und subsidiär zu verwirklichende Gemeinwohl ist das erste und letzte Gesetz der Gesellschaft."
Gute Arbeit habe viel mit gutem Leben zu tun, so Schlagnitweit, bereits in den ersten drei Kapiteln der Bibel werde erzählt, wie Menschen Arbeit erfahren: Zunächst als positives Mandat Gottes, an seiner guten Schöpfung mitzuwirken; der Mensch verwirkliche sich selbst erst durch Arbeit. Arbeit sei ein konstitutives Element des menschlichen Wesens. Aber auch Mühsal und Anstrengung würden angesprochen. Die Bibel beschreibe das Arbeitsleid als Folge des Sündenfalls, der Mensch fällt aus dem Paradies heraus.
Ehrenamt zu wenig berücksichtigt
Kritisch sieht Schlagnitweit, dass heute Ehrenamt und Familienarbeit zu wenig berücksichtigt würden. Der soziale Status hänge noch immer an Beruf und Erwerbsarbeit. Die Arbeitsgesellschaft sei unter anderem deshalb in der Krise, weil die Naturalfunktion der Arbeit überbetont werde, obwohl dazu keine unmittelbare Notwendigkeit mehr bestünde.
Wenn die religiöse und personale Dimension der Arbeit stark vernachlässigt werde, sei nicht mehr der Mensch das primäre Subjekt und das Wohl der Schöpfung nicht mehr das primäre Ziel. "Jeder Mensch soll durch sein Leben etwas Sinnvolles anfangen können. Man muss den Menschen die Möglichkeit geben, das zu tun, was sie wirklich wollen", schloss der Sozialethiker.
Ursula Kromoser-Schrammel von der Frauenberatung Mostviertel schilderte den Zusammenhang von Corona und Frauengewalt. Es wurde festgestellt, dass es im gesamten Waldviertel kein Frauenhaus mehr gibt. Dies bestätigte auch die LR Ulrike Königsberger-Ludwig und begründete dies mit den nicht immer ausgelasteten Frauenhäusern in NÖ.
Georg Kovarik, ehemaliger Leiter der Abteilung Volkswirtschaft im ÖGB, sprach über die wirtschaftliche Lage in Österreich und Europa, Auswirkungen des Ukrainekrieges auf die Menschen in Österreich (Teuerung) und mögliche Lösungsansätze.
Die Vorträge werden auf der Homepage der KAB St. Pölten zum Downloaden zur Verfügung stehen: Katholische Arbeitnehmer:innenbewegung
(ps/kathpress/1.9.2022)