"Zuversicht ist mehr als blauäuigier Optimismus"
Zuversicht ist mehr als blauäugiger Optimismus, der naiv davon ausgeht, dass schon alles gut werden wird. Das unterstrich die Philosophin, Theologin, Ordensfrau und Bestsellerautorin Melanie Wolfers SDS beim fünften Kongress christlicher Führungskräfte, der vom 27. bis 29. April im niederösterreichischen Stift Göttweig stattfand. Unter dem Motto "Die Kraft der Zuversicht. Führen in volatilen Zeiten" waren zahlreiche christliche Führungskräfte, unter ihnen auch aus der Katholischen Aktion (s. Bild) zu Austausch und Vorträgen zusammengekommen.
Der Unterschied zwischen Pessimismus, Optimismus und Zuversicht lässt sich laut Wolfers mit der bekannten Frosch-Parabel illustrieren: Drei Frösche gehen auf Wanderschaft und fallen in einen Topf Schlagobers. "Irgendjemand wird uns schon retten", denkt der erste Frosch optimistisch. Er wartet und wartet – und ertrinkt. Der zweite Frosch jammert pessimistisch, dass Anstrengung sowieso nichts nützt und ertrinkt ebenso. Der dritte Frosch erkennt die schwierige Lage und beginnt zu strampeln, so lange, bis das Obers zu Butter geworden ist und er sich mit einem kräftigen Sprung aus dem Topf retten kann.
Eine zuversichtliche Person erkennt den Ernst der Lage, so Wolfers weiter, nimmt die Schwierigkeiten wahr, lässt sich aber davon nicht lähmen. Vielmehr entdeckt sie zugleich auch Lösungsansätze und nutzt die vorhandenen Spielräume – und seien sie noch so klein. Sie warnte zudem vor einem einseitigen Blick auf das Negative, zu dem viele Menschen tendieren. Zuversicht sei kein Gefühl, sondern eine Haltung, die sich stärken lässt, besonders auch durch Spiritualität und Glaube.
"Neue, radikal hoffnungsvolle Erzählung"
Guido Palazzo, Professor für Business Ethics an der Universität Lausanne, zeigte sich überzeugt, dass die Menschheit eine "neue Erzählung über eine andere mögliche Welt und Zukunft" braucht. Man müsse zunächst die heutige Realität akzeptieren, dass unsere derzeitige Lebensweise "zerbröselt", weil der Planet sie nicht verträgt. In dieser "Zeit des Übergangs" gelte es, "kontrafaktische Vorstellungskraft" und neue, radikal hoffnungsvolle Erzählungen zu entwickeln.
Der Arzt und Neurowissenschaftler Joachim Bauer lenkte den Blick auf das menschliche Selbst als Subjekt der Zuversicht. Aus neurowissenschaftlicher hat es seinen Sitz im Frontallappen des Gehirns und entwickelt sich vor allem in den ersten beiden Lebensjahren durch "Resonanz" mit den Menschen in seiner Umgebung. Es ist daher auch "sozialer Ansprechpartner", kann sich weiterentwickeln und wirkt auch auf die körperliche Gesundheit zurück.
Kraft aus dem Glauben an die Auferstehung
An die Kraft der Zuversicht, die Christen aus dem Glauben an den auferstandenen Christus schöpfen, erinnerte der St. Pöltener Diözesanbischof Alois Schwarz bei der Eröffnung des Kongresses. "An diesem Ort der Hoffnung, dürfen wir miteinander und für unsere Welt nachdenken, wie Leben geht", so der Bischof.
Mit Blick auf das Osterfest erinnerte Schwarz an den Kreuzestod und die Auferstehung Jesu. Gott habe die Hölle kennengelernt, indem der, den er auf die Erde geschickt hat, hinab gestiegen ist in das Reich des Todes. Letztendlich habe Gott es nicht mehr ausgehalten und den Stein weggewälzt. "Das ist die Quelle unserer Zuversicht", so Schwarz. Wenn man daran glaube, dann sei es möglich von der Zukunft her zu denken, "dann haben wir einen, der das Tragischste des menschlichen Lebens und die Dunkelheit ausgehalten hat".
Neben dem St. Pöltener Bischof und dem Präsidenten des Forums, Veit Schmid-Schmidsfelden, waren auch der Präsident der Industriellenvereinigung Georg Knill, der evangelische niederösterreichische Superintendent Lars Müller-Marienburg und der Göttweiger Abt Columban Luser bei der Eröffnung.
Den Abschluss-Impuls zum Thema "Zwischen Zuversicht und Resignation. Geistliche Quellen für persönliche Wege zur Hoffnung" gab Abt Luser am Freitag. Er gab den Teilnehmern ü.a. das Bild mit auf den Weg, dass "auch aus einem gefällten Baum neues Grün wächst".
Getragen wird das Forum Christlicher Führungskräfte von den Ordensgemeinschaften, der Katholischen Aktion, der Evangelischen Akademie Wien und der Industriellenvereinigung. (Infos: www.wertevollfuehren.at)
(jp/30.4.2022)