Wien: Ausstellung über Da Ponte
Wien, 21.3.06 (KAP) Das Jüdische Museum Wien präsentiert ab Mittwoch die Ausstellung "Lorenzo Da Ponte. Aufbruch in die Neue Welt" als vielschichtigen Beitrag zum diesjährigen Mozartjahr: Im Mittelpunkt steht mit dem aus einer jüdischen Familie stammenden italienischen Priester, Künstler und Kosmopoliten eine schillernde Persönlichkeit, die nicht nur geographisch - er verbrachte seine letzten Lebensjahrzehnte in New York - neue Bereiche erschloss. "Geradezu exemplarisch verkörpert Lorenzo Da Ponte den bürgerlich individualistischen Künstler, der mit scharfer Feder und Zunge seine Grenzen in der Adelswelt auslotet", so die Initiatoren der Ausstellung.
Lorenzo da Ponte (1749-1838), der mit den Libretti zu den Mozart-Opern "Don Giovanni", "Le Nozze di Figaro" und "Cosi fan tutte" auch Musikgeschichte schrieb, stand lange Zeit im Schatten des Komponisten-Genies. Da Pontes Gesamtwerk und seine bewegte Lebensgeschichte zwischen Venedig, Wien, London und New York kehrt erst langsam wieder ins kulturelle Bewusstsein zurück. Die bis 17. September anberaumte Ausstellung im Jüdischen Museum sei als Beitrag dazu zu verstehen, hieß es bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien.
Die Schau mit zahlreichen historischen Dokumenten, Objekten und Kunstwerken entstand in Zusammenarbeit mit dem "Da Ponte-Institut" Wien und dem "Wiener Mozartjahr 2006", Kuratoren sind Werner Hanak, Reinhard Eisendle und Herbert Lachmayer.
Mozartjahr-Intendant Peter Marboe bezeichnete die Ausstellung im Palais Eskeles in der Wiener Dorotheergasse als wichtigen Beitrag zu einem Jahr, das kein unreflektiertes Jubeljahr, sondern ein länger im Bewusstsein bleibendes "Auseinandersetzungsjahr" sein solle. Die Schau erschließe Zusammenhänge weit über den biografischen Zeitraum Da Pontes hinaus, etwa die "obszöne" Vereinnahmung Mozarts durch die Nationalsozialisten unter Verschweigung seines jüdischen Librettisten.
Da Ponte kam 1749 im Ghetto der Stadt Ceneda im Veneto (heute Vittorio Veneto) als Emanuele Conegliano zur Welt. In seinem 15. Lebensjahr konvertierte er mit dem Vater - der eine Katholikin zur zweiten Frau nahm - und seinen Brüdern zum Christentum. Zehn Jahre später wurde er - nach dem Studium im Priesterseminar von Ceneda- zum Priester geweiht. Nur wenige Monate danach übersiedelte Lorenzo nach Venedig; dort tauchte er - wenn man den Berichten Glauben schenken darf - in das Leben der Rokoko-Zeit in der Lagunen-Metropole ein, wurde angeblich Geliebter einer verheirateten Patrizierin und führte eine Existenz als typischer Abbe des späten 18. Jahrhunderts in Cafes und am Spieltisch.
Als er sich 1782 in Wien niederließ, hatte er seine kirchliche Berufung offensichtlich abgeschrieben. Im josephinischen Wien - für viele aufgeklärte Intellektuelle damals eine "Stadt der Toleranz" - wurde er vom Kaiser zum Dichter der Hoftheater ernannt. In seiner Wiener Zeit arbeitete Da Ponte an mehr als 20 Libretti, neben jenen für Mozart auch an solchen für Hofkapellmeister Antonio Salieri. Nach dem Tod Josephs II., unter dessen Bruder und Nachfolger Leopold II. (dem einstigen toskanischen Großherzog Pietro Leopoldo) war Da Ponte nach Intrigen gezwungen, Wien zu verlassen.
Die Stationen nach Wien hießen Triest, London und ab 1805 die USA, wo er bis zu seinem Tod 1838 lebte. In den damals noch völlig puritanisch dominierten USA, wo es kein festes Opernhaus gab, etablierte er sich als Delikatessen- und Buchhändler sowie als Italienischprofessor. Sein Versuch, der Oper in New York ein festes Haus zu geben, gelang zwar zunächst, endete aber letztlich im Bankrott.
Im europäischen 19. Jahrhundert geriet Da Ponte in Vergessenheit, Mozart hingegen legte an Popularität enorm zu: Auch viele jüdische Musiker und Musikwissenschaftler in Wien und Mitteleuropa machten sich um 1900 ein Bild von Mozart, und der Dirigent Hermann Levi übersetzte die Da Ponte-Mozart-Opern ins Deutsche. Der "arisierte Da Ponte" und die "Mozart-Diaspora" sind als wildbewegte Rezeptionsgeschichte des Poeten und seines Komponisten Teil der Ausstellung: Zu den "deutschen" Mozartfeiern 1941 wurde Lorenzo Da Ponte retuschiert und blieb im "Dritten Reich" (im Hinblick auf den "Achsenpakt" mit Rom) dennoch, dank seines italienischen Namens, präsent - vielleicht als einziger Librettist jüdischer Herkunft. Gleichzeitig trugen vertriebene Musiker aus Mitteleuropa ihr authentisches wie differenziertes Mozart-Bild in die Welt hinaus. Viele von ihnen, etwa Bruno Walter, wichen nach New York aus - für die Emigranten eine "neue Stadt der Toleranz".
Die Ausstellung "Lorenzo Da Ponte. Aufbruch in die Neue Welt" ist bis 17. September im Jüdischen Museum Wien (1010 Wien, Dorotheergasse 11) täglich von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr geöffnet. (Informationen: Internet: www.jmw.at). (ende)